Bei leichtem Regen fuhren wir wie in alten Zeiten ruckelnd unter Begleitung des Weihnachtsmannes und einer haarigen Schwester Agnes in dem gut geheizten Zug. Das Christkind konnte ja nicht mit kommen, es hatte ja in Görlitz eine Verabredung mit dem hl. Nikolaus. So ging es einmal nicht im Eilzugtempo zum Ziel, die Stadt läuft nicht weg und am Gleis standen allenthalben Menschen mit Kameras, um den vorbei fahrenden Zug zu filmen und zu fotografieren.
In Görlitz angekommen besichtigten wir die Stadt östlich und westlich der Neiße mit einem Bus. Danach kam dann der Bummel durch die Stadt. Wie so oft, verläuft man sich als Besucher in den Straßen, doch die netten Görlitzer wiesen uns den rechten Weg. Aber ein Umweg muss kein verlorener Weg sein, so sieht der Gast schöne Dinge und Errungenschaften der Bürger abseits der bekannten Straßen.
Das Schöne an dem Christkindelmarkt ist die Beschaulichkeit, das althergebrachte Markttreiben ohne Rummel.
Dazu passend haben alle Geschäfte offen und das Weihnachtshaus in einer Seitenstraße zeigt viele Möglichkeiten sein Heim zu Weihnachten schön zu gestalten.
Hier nun einige Fotos vom Weihnachtsmarkt und Weihnachtshaus.
Bei diesem Markt kam mir ein altes Weihnachtsgedicht von Theodor Storm in den Sinn: Knecht Ruprecht
Wir kennen gewöhnlich nur die ersten Strophen des Gedichtes, hier ist zum Abschluss einmal die gesamte Fassung.
Knecht Ruprecht
Ruprecht:
Habt guten Abend, alt und jung,
Bin allen wohl bekannt genung.
Von drauß' vom Walde komm ich
her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Tannenspitzen
Sah ich goldene Lichtlein sitzen;
Und droben aus dem Himmelstor
Sah mit großen Augen das Christkind hervor;
Und wie ich so strolcht' durch den finstern Tann,
Da rief's mich mit heller Stimme an:
»Knecht Ruprecht«, rief es,
»alter Gesell,
Hebe die Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
Das Himmelstor ist aufgetan,
Alt' und Junge sollen nun
Von der Jagd des Lebens einmal ruhn;
Und morgen flieg ich hinab zur Erden,
Denn es soll wieder Weihnachten werden!
So geh denn rasch von Haus zu Haus,
Such mir die guten Kinder aus,
Damit ich ihrer mag gedenken,
Mit schönen Sachen sie mag beschenken.«
Ich sprach: »O lieber Herre
Christ,
Meine Reise fast zu Ende ist;
Ich soll nur noch in diese Stadt,
Wo's eitel gute Kinder hat.«
- »Hast denn das Säcklein auch bei dir?«
Ich sprach: »Das Säcklein, das ist hier:
Denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
Essen fromme Kinder gern.«
- »Hast denn die Rute auch bei dir?«
Ich sprach: »Die Rute, die ist hier;
Doch für die Kinder nur, die schlechten,
Die trifft sie auf den Teil, den rechten.«
Christkindlein sprach: »So ist es recht;
So geh mit Gott, mein treuer Knecht!«
Von drauß' vom Walde komm ich
her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie ich's hierinnen find!
Sind's gute Kind, sind's böse Kind?
Vater:
Die Kinder sind wohl alle gut,
Haben nur mitunter was trotzigen Mut.
Ruprecht:
Ei, ei, für trotzgen Kindermut
Ist meine lange Rute gut!
Heißt es bei euch denn nicht mitunter:
Nieder den Kopf und die Hosen herunter?
Vater:
Wie einer sündigt, so wird er
gestraft;
Die Kinder sind schon alle brav.
Ruprecht:
Stecken sie die Nas auch tüchtig
ins Buch,
Lesen und schreiben und rechnen genug?
Vater:
Sie lernen mit ihrer kleinen
Kraft,
Wir hoffen zu Gott, daß es endlich schafft.
Ruprecht:
Beten sie denn anch altem Brauch
Im Bett ihr Abendsprüchlein auch?
Vater:
Neulich hört ich im Kämmerlein
Eine kleine Stimme sprechen allein;
Und als ich an die Tür getreten,
Für alle Lieben hört ich sie beten.
Ruprecht:
So nehmet denn Christkindleins
Gruß,
Kuchen und Äpfel, Äpfel und Nuß;
Probiert einmal von seinen Gaben,
Morgen sollt ihr was Besseres haben.
Dann kommt mit seinem Kerzenschein
Christkindlein selber zu euch herein.
Heut hält es noch am Himmel Wacht;
Nun schlafet sanft, habt gute Nacht.
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